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15. Dezember 2022

Jenseits von Gut und Böse – Grautöne des Lobbyings

polsan hat im Hinblick auf seine neue Anlassreihe, «cineméthique», für die Premiere eine repräsentative Umfrage zu Lobbying in Auftrag gegeben. Die wichtigsten Ergebnisse der Umfrage hat Yvan Rielle aufbereitet. LeeWas hat dazu interessante Resultate geliefert, und entscheidend für die Bewertung und ethische Einordnung von Lobbying scheint zu sein: Wer lobbyiert?

Es lobbyieren zahlreiche Organisationen, Institutionen, Firmen und Verbände für ihre Interessen im und ums Bundeshaus. Die Lobbyist:innen sitzen teilweise selber im Parlament, sind direkt von den Interessenvertretenden angestellt oder werden über Agenturen mandatiert. Gemeinsam ist ihnen eines: der schlechte Ruf, den Lobbying geniesst.

Die Strategien, damit umzugehen, sind ganz unterschiedlich, und variieren je nach Bereich. Für die Politikfinanzierung, genauer die Wahl- und Abstimmungskampagnen, hat die Transparenzinitiative einiges bewirkt. Die Eidgenössische Finanzkontrolle wird nun prüfen müssen, inwiefern die neuen Regeln eingehalten werden. Mit der Parteifinanzierung bei einer Offenlegungsgrenze von 15‘000 Franken und der Kampagnenfinanzierung bei 50‘000 Franken sind doch recht griffige Massnahmen beschlossen worden, zumindest auf den ersten Blick. Denn einen Vorgeschmack auf den möglichen kreativen Umgang mit der neuen Regulierung liefert die Kampagne der Wirtschaftsdachverbände und der Bauern im Hinblick auf die Wahlen, «Perspektive Schweiz». Diese finanz- und einflussreichen Verbände wurden ausgerechnet ein paar Tage vor dem Inkrafttreten der Regeln aktiv – honni soit qui mal y pense…

Auch die Parlamentarier:innen rücken stärker in den Fokus. Es ist, zum Beispiel unter dem Druck von Lobbywatch, kaum mehr haltbar, die Entschädigungen für ausserparlamentarische Mandate nicht offenzulegen. Für die nächste Generation im Bundeshaus dürfte das eine Selbstverständlichkeit werden. Bei den klassischen Lobbyist:innen, die weiterhin auf die Wandelhalle als eines ihrer Habitate zählen dürfen, ist und bleibt die Selbstregulierung des Berufsverbandes der Massstab. Andere Optionen, wie die Akkreditierung mittels Register, sind im Oktober 2020 im Parlament gescheitert. Aber Transparenz bleibt auf der Agenda – und das ist auch das Schlüsselwort, unterstrichen durch unsere Umfrage.

NPO haben einen grossen Vorteil im Lobbying: Eine jede und ein jeder weiss, welche Ziele eine NPO verfolgt (die Bezeichnung ist Programm!) und wie sie zu ihrem Geld kommt. Die Ziele sind meist gemeinnütziger Natur, dies logischerweise im Gegensatz zu Unternehmen, auch teilweise im Unterschied zu Branchen- und Interessenverbänden. Entsprechend bleiben dort Grauzonen der politischen Einflussnahme, real oder gefühlt, die den Ausschlag geben, zumindest im breiten Publikum: gut die NPO, potentiell böse alle andern.

Doch die Welt ist kein Fribourger Wappen, es gibt nicht nur schwarz und weiss. Entsprechend hilft, wie im Parkhaus, nur Licht gegen die Angst, gegen allzu dunkle Grautöne. Licht ins Dunkel bringt die Transparenz. Diese schreiben wir uns auf die Fahnen und leben sie vor – nicht nur als grosses Kino, sondern durchaus im Sinn «éthique».

Reto Wiesli

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